Der Begriff eines Schuldner sollte wohl den meisten Menschen bekannt sein – eine Person, welche gegenüber einem Gläubiger eine Verpflichtung hat. In der Regel handelt es sich dabei um eine finanzielle Leistung. Sind jedoch mehrere Personen gleichstufig dazu verpflichtet, einer Forderung nachzukommen, ist die Rede von einer sogenannten Gesamtschuld bzw. Gesamtschuldnerschaft. Was genau man unter einer Gesamtschuld versteht, in welchen Situationen sie vorkommt und welche gesetzlichen Bestimmungen gelten, erklären wir Dir ausführlich in diesem Ratgeber.

Definition: Was ist ein Gesamtschuldner?

Unter dem juristischen Begriff des Gesamtschuldners versteht man die gemeinsame Haftung mehrerer Schuldner gegenüber einem Gläubiger. Gesamtschuldner gelten als gemeinsame Schuldner, sodass ein jeder zur Begleichung der Forderung verpflichtet ist. Der Gläubiger ist jedoch nur einmal zur Einforderung der Leistung berechtigt (§ 421 BGB). In diesem Fall besitzt der Gläubiger das Recht, die Forderung nach seinem Belieben von jedem der Schuldner gelten zu machen. Zahlt einer der Gesamtschuldner an den Gläubiger, so entsteht ein sogenannter Ausgleichsanspruch gegenüber den anderen Gesamtschuldnern und zwischen den Schuldnern findet ein Ausgleich im Innenverhältnis statt.

Wie entsteht eine Gesamtschuld?

Eine Gesamtschuld kann auf verschiedene Art und Weise entstehen. Man unterscheidet zwischen diesen zwei Möglichkeiten der Entstehung:

  • vertragliche Entstehung der Gesamtschuld
  • gesetzliche Entstehung der Gesamtschuld

Vertragliche Entstehung der Gesamtschuld

In erster Linie besteht die Möglichkeit einer vertraglichen Entstehung einer Gesamtschuld, auch Schuldbeitritt genannt. Im Gegensatz zu der gesetzlich geregelten Gesamtschuld ist diese Form der Entstehung nicht schriftlich oder per Gesetz festgehalten.

Hat beispielsweise ein Schuldner eine Leistung an einen Gläubiger zu erbringen, kann eine weitere Person dieser Schuld des Schuldners beitreten. In einem solchen Fall haften dann beide Personen gleichermaßen. Ein Wechsel des Schuldners findet jedoch nicht statt – lediglich die Zahl der Gesamtschuldner ändert sich.

Gesetzliche Entstehung der Gesamtschuld

Neben der vertraglichen Entstehung ist auch die gesetzliche Entstehung einer Gesamtschuld möglich. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn mehrere Bürgen für ein und dieselbe Sache bürgen und gemeinsam als Gesamtschuldner auftreten (§ 774 II BGB). Ein Beispiel für die gesetzliche Entstehung einer Gesamtschuld würde eine Prügelei darstellen: Sind mehrere Schädiger beteiligt, so haften diese alle nach § 823 BGB in Form der Gesamtschuldnerschaft.

Hier begegnet Dir die Gesamtschuld im Alltag

Auch in einigen bekannten Alltagssituationen kann es zur Entstehung einer Gesamtschuld kommen. Meist liegt eine Gesamtschuldnerschaft immer dann vor, wenn ein Vertrag nicht nur von einer Person, sondern von mehreren Personen abgeschlossen wurde. In folgenden Situation kann es beispielsweise zur Entstehung von Gesamtschuldnern kommen:

  • Mietvertrag
  • Kaufvertrag
  • Kontoeröffnung
  • Kreditvertrag
  • Versicherungsvertrag

Gesamtschuld im Mietvertrag

Hast Du mit mehreren Mietern einen Mietvertrag abgeschlossen, beispielsweise für eine Wohngemeinschaft, gelten alle als gemeinsame Mieter der Wohnung. In diesem Fall spricht man von einer sogenannten gesamtschuldnerischen Haftung: Alle Mieter haften für die aus dem Mietverhältnis entstehenden Verpflichtungen gegenüber dem Vermieter als Gesamtschuldner (§ 421 BGB). Entstehen Forderungen aus dem Mietverhältnis, kann der Vermieter sich jedoch nur an einen Mieter wenden, von welchem er die Begleichung der Gesamtschuld verlangt. Dementsprechend ist nicht ausschlaggebend, wer den Schaden an der Wohnung verursacht hat. Wurde bei Auszug eines Mieters keine Vertragsänderung vorgenommen, gelten diese Regelungen und Verpflichtungen gegenüber dem Vermieter fortlaufend.

Gesamtschuld bei Eröffnung eines gemeinsamen Kontos

Eröffnest Du mit mehreren Personen ein gemeinsames Girokonto bei einer Bank, gelten alle Beteiligten als Kontoinhaber und somit auch als Gesamtschuldner. Wird das Konto beispielsweise überzogen, haften alle Kontoinhaber gesamtschuldnerisch für die gesamte Höhe der entstandenen Forderung. Die Bank kann die Begleichung der Forderung somit gegen einen jeden der Gesamtschuldner geltend machen.

Gesamtschuld im Kreditvertrag

Gleiches gilt bei einem Kreditvertrag, der von mehreren Darlehensnehmern abgeschlossen wurde. Meist fordern Kreditgeber bei einem hohen Darlehensbetrag und einer geringen Bonität mehrere Kreditnehmer, um ein mögliches Kreditrisiko zu mindern. Ist dies der Fall, wird in der Regel eine gesamtschuldnerische Haftung vereinbart. Dementsprechend haftet jeder einzelne Schuldner bis zur vollständigen Abzahlung des Kredits für die volle Summe. Im Falle einer Nichtzahlung kann der Darlehensgeber von jedem einzelnen der Gesamtschuldner die Darlehenssumme ganz oder anteilig einfordern.

Die gestörte Gesamtschuld: Was versteht man darunter?

Sind mehrere Schuldner gleichermaßen an einer Forderung beteiligt, gelten sie in der Regel als Gesamtschuldner. Ist jedoch einer der Schuldner aufgrund einer Haftungsprivilegierung oder einer vertraglichen Regelung von der Teilnahme an der gesamtschuldnerischen Haftung freigestellt, ist die Rede von einem gestörten Gesamtschuldverhältnis.

Ist eine gestörte Gesamtschuld gegeben und eine Haftungsprivilegierung liegt vor, können zwei Lösungsansätze in Betracht gezogen werden:

  • Der privilegierte Schuldner bleibt dem Schuldverhältnis fern und die verbliebenen Schuldner

haften gesamtschuldnerisch.

  • Die verbleibenden, nicht privilegierten Schuldner haften zunächst gegenüber dem Gläubiger, können jedoch im Innenverhältnis einen Anspruch gegen den privilegierten Schuldner für dessen Anteil an den Schulden geltend machen.

Verjährung des Gesamtschuldverhältnis

Eine Gesamtschuldnerschaft unterliegt einer gesetzlichen Verjährungsfrist. Der sogenannte Ausgleichsanspruch nach § 426 Abs. 1 BGB, der entsteht, wenn einer der Gesamtschuldner die Forderung gegenüber dem Gläubiger begleicht, verjährt nach drei Jahren (§ 195 BGB). Er entsteht mit der Begründung der Gesamtschuld, ganz gleich welche Form von Mitwirkungs-, Zahlungs- oder Befreiungsanspruch vorliegt.

Der Ausgleichsanspruch des Gesamtschuldners, der die Forderung des Gläubigers erfüllt hat, wird grundsätzlich nicht davon berührt, dass der Anspruch des Gläubigers gegen den anderen Gesamtschuldner verjährt ist.

Diese Bestimmungen gelten bei einer Gesamtschuld

Eine Gesamtschuld entsteht immer dann, wenn mehrere Personen zu gleichem Anteil an einer Schuld, welche beispielsweise durch einen Mietvertrag, Kreditvertrag oder Versicherungsvertrag entsteht, beteiligt sind. Entstehen kann ein solches Schuldverhältnis durch eine vertragliche Vereinbarung oder die gesetzliche Festlegung im Bürgerlichen Gesetzbuch.

Generell darf der Gläubiger immer frei entscheiden, an welchen der Gesamtschuldner er sich zur Begleichung der Forderung wendet. Demnach darf er sich einen bestimmten Gläubiger auswählen oder sich mit der Forderung an alle Schuldner wenden. Begleicht einer der Gesamtschuldner die Forderung, so verjähren dessen Ausgleichsansprüche nach drei Jahren (§ 195 BGB). Eine gestörte Gesamtschuld liegt immer dann vor, wenn einer der Gesamtschuldner durch eine vertragliche oder gesetzliche Haftungsprivilegierung von der Begleichung der Forderung freigestellt wurde. Ist dies der Fall, können die verbliebenen Schuldner jedoch im Innenverhältnis einen Anspruch gegen privilegierten Schuldner stellen.