Die Hebelkraft der Finanzwelt
Ein Hebel ist ein Finanzinstrument, mit dem auch bei schwachen Kursbewegungen sehr hohe Gewinne erzielt werden können. Das Risiko eines Totalverlustes ist mit Hebel allerdings ebenfalls beträchtlich. Der Hebel lässt sich wie folgt erklären: Beim normalen Aktienhandel wird stets der aktuelle Kursstand als Preis für die gehandelten Anteile angesetzt. Wer einen Hebel einsetzen möchte, kauft die Anteile allerdings nicht sofort, sondern bezieht zuerst eine Option, die den Kauf zu einem späteren Zeitpunkt vorsieht. Der Käufer bestimmt einen Anteilspreis, zu dem er die Aktien erwerben möchte. Dieser liegt unter dem aktuellen Börsenkurs, schließlich wünscht der Käufer einen möglichst günstigen Preis. Die Option kostet ihn die Differenz zwischen dem aktuellen und dem gewünschten Preis. Je nachdem, wie weit in der Zukunft der Kauftermin liegt, kann es jedoch sein, dass der Anbieter der Option einen höheren Betrag verlangt. Wird die Option fällig, darf der Käufer des Optionsscheins die Anteile für den ursprünglich vereinbarten Preis erwerben. Er zahlt also anstelle des dann aktuellen Wertes den vereinbarten Wert zusätzlich zum ursprünglichen Preis für die Option. Hat er den Aktienmarkt richtig eingeschätzt, kann er die so erworbenen Anteile noch am gleichen Tag für den dann gültigen Börsenwert wieder veräußern und einen beträchtlichen Gewinn erzielen.
Rechenbeispiel mit Gewinn
- Die Aktie steht bei einem Kurs von 100 Euro pro Anteil
- Der Käufer wünscht eine Option für einen Wert von 90 Euro
- Er zahlt 10 Euro pro Anteil für die Optionsscheine
- Am Stichtag liegt der Kurs bei 110 Euro
- Der Käufer musste 10 Euro für die Option und 90 Euro für den tatsächlichen Kauf ausgeben
- Sein Gewinn bei zeitgleichem Verkauf der Anteile liegt bei 10 Euro
- Sein ursprünglicher Einsatz wurde also verdoppelt. Durch den Hebel liegt die Rendite bei 100 %
Rechenbeispiel mit Verlust
- Die Optionsscheine wurden wie im obigen Beispiel ausgehandelt
- Am Stichtag liegt der Kurs bei 90 Euro
- Optionsschein plus Anteile kosteten 100 Euro
- Durch den sofortigen Wiederverkauf ergibt sich ein Verlust von 10 Euro
- Der Hebel bewirkte einen Totalverlust des ursprünglichen Einsatzes
Hebel mit Limitierung
Damit der Hebel nicht zu ungedeckelten Verlusten führen kann, wird der Vertrag in der Regel limitiert. In den meisten Fällen wird hierbei festgelegt, dass der Verlust nicht über 100 % steigen darf. Sobald also der Kurs auf den Wert des Optionsscheins fällt, wird das vereinbarte Datum nicht mehr abgewartet, sondern sofort gekauft. Ohne dieses Limit kann der Hebel dazu führen, dass die Verluste die ursprünglichen Einsätze deutlich übersteigen. Der Käufer müsste die Anteile zu dem ursprünglich vereinbarten Wert bezahlen und könnte sie nicht im gleichen Augenblick wieder gewinnbringend verkaufen. Problematisch wird dies, wenn dem Käufer das Kapital fehlt, um die Anteile länger zu halten.
Verlust kann aber auch zu Gewinn führen. Der Hebel kann nämlich auch in die andere Richtung angesetzt werden. Wer eine Option zum Verkauf von Aktienanteilen erwirbt, kann Gewinne erzielen, wenn der Kurs fällt. Im obigen Beispiel würde der Käufer für 10 Euro die Option erwerben, seine Aktienanteile zu einem Wert von 110 Euro zu verkaufen. Die zu verkaufenden Aktien erwirbt er jedoch erst am Stichtag. Fällt bis dahin der Kurs auf 90 Euro, kann er seine Anteile für 20 Euro über aktuellem Kurs verkaufen und erzielt durch den Hebel einen Gewinn von 100 %. Steigt der Kurs dagegen auf 110 Euro, kauft und verkauft er zum gleichen Preis und das Geld für die Optionsscheine ist verloren. Diese Geschäftsart war ursprünglich dazu gedacht, um den Verlust im realen Handel im Falle von Kursverlusten zu reduzieren, wird heute aber auch ohne den Bezug zum Realgeschäft als Spekulationsart genutzt.
Zwei weitere Begriffe, die im Zusammenhang mit dem Hebel des Öfteren auftreten, sind Aufwert und Prämien. Denn ein Hebel wird nicht immer zu den tagesaktuellen Kurswerten angesetzt. Der Optionshändler setzt je nach Laufzeit einen Aufwert fest, der für die Optionsscheine zu zahlen ist. Liegt der Aufwert deutlich über dem tagesaktuellen Kurs der Aktien, schwächt dies den Hebel ab. Je näher dagegen der Bezugspreis am aktuellen Börsenpreis liegt, desto kräftiger kann der Hebel wirken. Natürlich steigt mit dieser Nähe auch die Gefahr, dass das Limit des Optionsscheins erreicht wird und der Kauf zu einem Totalverlust führt.
Originally posted 2014-11-12 11:15:38.