Der Euribor bestimmt die Zinsen in Europa
Euribor ist die Abkürzung für Euro Interbank Offered Rate, also einen Zinssatz, den Banken untereinander berechnen. Die Kreditinstitute der einzelnen Länder der Europäischen Union (EU) bieten sich gegenseitig die Möglichkeit an, Kredite aufzunehmen. Dazu emittieren die Banken Anleihen mit Laufzeiten zwischen einer Woche und einem Jahr. Insgesamt gibt es beim Euribor acht verschiedene Laufzeiten, zu denen andere Kreditinstitute Geld bei ihnen leihen können. Soll die Kreditaufnahme nur für einen Tag erfolgen, wird mit dem Euro OverNight Index Average, abgekürzt Eonia, ein Zinssatz für sogenannte Übernacht-Anlagen angeboten. Euribor und Eonia stellen wichtige Referenzgrößen für zahlreiche Finanzprodukte sowohl für institutionelle Anleger als auch für Privatkunden dar. Daher finden diese beiden Größen sehr viel Beachtung in der Finanzwelt.
Die Geschichte des Euribor
Der Euribor besteht seit der Einführung des Euro im Jahr 1999. Er löste den europäischen Referenzzins Aibor (Amsterdam Interbank Offered Rate) ab. Außerdem bestanden bis zur Einführung des Euribor-Zinssatzes nationale Referenzgrößen. In Deutschland war dies der Fibor (Frankfurt Interbank Offered Rate). Bis zum 31. Oktober 2013 wurden für den Euribor fünfzehn verschiedene Laufzeiten angeboten. Seit dem 1. November 2013 ist nur noch zwischen acht Laufzeiten wählbar:
- eine Woche
- zwei Wochen
- ein Monat
- zwei Monate
- drei Monate
- sechs Monate
- neun Monate
- ein Jahr
So kommt der Euribor zustande
Jeden Bankarbeitstag melden derzeit 32 Kreditinstitute aus ganz Europa die Zinssätze, die sie für Kredite an andere Banken am jeweiligen Tag berechnen. Die Meldung erfolgt online an den Informationsanbieter Thomson Reuters. Die Banken übermitteln die Zinssätze für jede der acht Laufzeiten. Reuters sammelt die gemeldeten Daten und verwendet die mittleren 70 % der angegebenen Zinssätze zur Ermittlung des Durchschnittswertes. Sowohl die 15 % der höchsten als auch die 15 % der niedrigsten Zinssätze werden nicht berücksichtigt, um die Ermittlung des Euribor-Zinssatzes nicht durch sogenannte Ausreißer zu verfälschen. Die Banken müssen die Daten bis um 11.00 Uhr Mitteleuropäischer Zeit (MEZ) unter Angabe von drei Stellen nach dem Komma melden. Der Informationsanbieter berechnet den Durchschnittszinssatz für den Euribor und veröffentlicht ihn auf seiner Homepage. Die Banken, die ihre Zinssätze für den Interbankenhandel melden, werden auch Panel-Banken genannt. Es handelt sich um die führenden Banken Europas, die über ein erstklassiges Rating verfügen müssen. Auch einige deutsche Banken zählen zu den von dem Beratungsausschuss der European Banking Federation (EBF) ausgewählten Referenzbanken.
Die Funktion des Euribor
Sowohl der Euribor als auch der Zinssatz Eonia overnight stellen wichtige Referenzgrößen für die Zinssätze verschiedener Finanzprodukte dar. So orientieren sich sowohl die Zinsen für Kredite und Hypothekendarlehen als auch die Guthabenzinsen für Festgelder an diesen beiden Werten. Einige Banken und Sparkassen bieten Geldanlagen an, die Eurogeld genannt werden. Die Laufzeiten der Eurogelder entsprechen den Euribor-Laufzeiten. Bei diesen Anlageformen erhält der Sparer eine Guthabenverzinsung, die einen bestimmten Prozentsatz über dem Euribor-Wert für die jeweilige Laufzeit liegt. Doch auch die Zinsen von anderen Finanzprodukten hängen von dem Leitzins Eonia und den acht Werten des Euribor ab:
- Anleihen mit variablen Zinssätzen, auch Floater genannt
- Swaps
- Geldmarkt-Fonds
- außerbörsliche Zinstermingeschäfte
- Zertifikate
Bankenskandal um Libor und Euribor
Zunächst deckten zwei Banken, die britische Barclays Bank und die Schweizer UBS AG, eine Zinsmanipulation beim Libor, dem London Interbank Offered Rate, auf. Es handelt sich bei diesem Zinssatz um einen Referenzzins, der nach den Angaben von 18 internationalen Banken, die in London tätig sind, ermittelt wird. Diese hatten absichtlich falsche Angaben zu ihren Zinssätzen gemacht. Durch diese Zinsmanipulation konnten die betroffenen Banken hohe Handelsgewinne erzielen. Die EU-Kommission verhängte infolgedessen gegen sechs große Banken in Europa, darunter auch die Deutsche Bank AG, Strafen in Höhe von insgesamt 1,7 Milliarden Euro. Im Zuge der Ermittlungen im Libor-Skandal wurde auch aufgedeckt, dass der Euribor Zinssatz ebenfalls manipuliert wurde. Der Grund für die Manipulation lag neben Handelsgewinnen auch in einer besseren Darstellung der betroffenen Kreditinstitute am Finanzmarkt.
Originally posted 2015-01-06 08:00:59.