Wie funktionieren Wandelanleihen?
Wandelanleihen, die auch als Wandelobligation, Wandelschuldverschreibung oder Convertible Bonds bezeichnet werden, sind von Aktiengesellschaften herausgegebene, festverzinsliche Wertpapiere, die das Recht (oder bei einer „Pflichtwandelanleihe“ die Pflicht) einschließen, die Anleihe während einer Wandlungsfrist zu einem festgelegten Bezugsverhältnis in Aktien umzutauschen. Nimmt der Inhaber sein Wandlungsrecht nicht wahr, so wird die Wandelanleihe zum Laufzeitende zurückgezahlt. Der Kurs einer Wandelobligation wird während der Anleihelaufzeit sowohl von Veränderungen des Zinsniveaus am Kapitalmarkt als auch von der Wertentwicklung der Aktie des Emittenten beeinflusst. Da mit Wandelanleihen das Recht zum Umtausch in Aktien des Anleihe-Emittenten verbunden ist, muss vor der Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung ein Beschluss der Hauptversammlung zur Schaffung bedingten Kapitals eingeholt werden (§ 119 Absatz 1 Nummer 6 Aktiengesetz).
Vor- und Nachteile für den Käufer
Vorteile
- Inhaber von Wandelanleihen profitieren nicht nur von den gezahlten Zinsen, sondern bei einem Umtausch möglicherweise auch von gestiegenen Aktienkursen.
- Bei einem Aktienkurs-Rückgang sind Inhaber der Wandelanleihe weitgehend vor Vermögensverlusten geschützt.
Nachteile
- Der Nominalzins einer Wandelanleihe liegt (im Gegenzug zur Einräumung des Wandlungsrechts in Aktien) gewöhnlich unterhalb des Zinssatzes, der am Kapitalmarkt für Anleihen derselben Laufzeit und Bonität gezahlt wird. Ist in den Wandelanleihe-Bedingungen eine Wandlungspflicht vorgesehen, so kann dem Anleiheninhaber bei Pflichtwandlung ein erheblicher Verlust entstehen.
- Fallen die Aktienkurse nach Erwerb der Wandelanleihe, so lohnt sich ein Umtausch in Aktien nicht. Bei einem Kursrückgang wäre es für Anleger vorteilhafter gewesen, eine etwas höher verzinste Industrieobligation des Wandelanleihe-Emittenten zu erwerben.
Vor- und Nachteile für den Emittenten
Vorteile
- Das Wandlungsrecht stellt einen zusätzlichen Kaufanreiz für Kapitalanleger dar, so dass sich das emittierende Unternehmen zu günstigen Konditionen Fremdkapital beschaffen und zugleich die Eigenkapitalbasis stärken kann.
Nachteile
- Für den Emittenten ist nicht vorhersehbar, in welchem Umfang er das Fremdkapital zum Laufzeitende der Wandelanleihe zurückzahlen muss und in welchem Ausmaß eine Kapitalerhöhung tatsächlich stattfindet.
- Bei zwischenzeitlichen Kursanstiegen der Aktie des Emittenten fließt dem Unternehmen weniger Eigenkapital zu, als es bei einer direkten Kapitalerhöhung zum Laufzeitende der Anleihe möglich wäre.
Beispiel: direkter Kauf einer Aktie gegenüber dem Erwerb einer Wandelobligation
In einem Beispielfall hat ein Anleger die Wahl zwischen dem Erwerb von zehn Aktien zu je 85 Euro oder dem Kauf einer Wandelschuldverschreibung desselben Unternehmens zu 1040 Euro. Wenn diese Wandelobligation ein Umtauschverhältnis von 10:1 aufweist, so kann der Anleger seine Wandelanleihe (während der festgelegten Wandlungsfrist) in zehn Aktien umtauschen. Auf den ersten Blick erscheint der Erwerb der Anleihe zu 1040 Euro ungünstig, da der Anleger 10 Aktien zu 850 Euro, also 190 Euro preiswerter kaufen könnte. Trotz des Aufgelds kann der Erwerb der Wandelanleihe aber sinnvoll sein:
Fall 1: Aktie steigt bis zum Laufzeitende der Wandelanleihe
Sollte die Aktie bis zum Ende der Laufzeit Wandelanleihe auf 170 Euro steigen, so erzielt der Aktionär einen Kursgewinn von 100 Prozent. Da die Wandelschuldverschreibung in 10 Aktien getauscht werden kann, hat die Anleihe am Laufzeitende ebenfalls einen Wert von 1700 Euro (Kurswert von 10 Aktien). Da der Anleihenbesitzer die Wandelobligation zu 1040 Euro erworben hatte, erzielt er durch den Kursanstieg auf 1700 Euro einen Kursgewinn von 63,5 Prozent. Hinzu kommen die Zinsen, die der Anleger während der Laufzeit der Wandelobligation entsprechend den Anleihebedingungen erhalten hat.
Fall 2: Aktie fällt bis zum Laufzeitende der Wandelanleihe
Eine Wandelanleihe weist bei fallenden Aktienkursen einen deutlich günstigeren Kursverlauf als die Aktie auf: Fällt die Aktie (von ursprünglich 85 Euro) bis zum Laufzeitende auf 42,50 Euro, so bedeutet dies für den Aktionär einen fünfzigprozentigen Verlust. Der Inhaber der Wandelschuldverschreibung wird in diesem Fall natürlich nicht von seinem Wandlungsrecht Gebrauch machen, sondern die Rückzahlung der Wandelanleihe zum Nominalbetrag von 1000 Euro verlangen. Da er beim Kauf 1040 Euro bezahlt hatte, entsteht ihm ein Verlust von 40 Euro („nur“ 3,85 Prozent). Um die Gesamtperformance zu ermitteln, müssen jedoch auch hier wieder die während der Anleihe-Laufzeit erhaltenen Zinsen hinzugerechnet werden.
Wandelanleihe: Abgrenzung zu ähnlichen Anleihen
- Eine Wandelanleihe, deren Emittent nicht diejenige Aktiengesellschaft (AG) ist, deren Aktien bezogen werden können, heißt „Umtauschanleihe“.
- Im Unterschied zu einer Wandelanleihe bleibt der Anleiheteil von „Optionsanleihen“ auch bei Ausübung der Option auf Erwerb von Aktien bis zum ursprünglich vereinbarten Laufzeitende bestehen.
- Wichtigstes Merkmal der ebenfalls mit einem festen Zinssatz ausgestatteten „Aktienanleihe“ ist das Recht das Emittenten, dem Inhaber der Aktienanleihe zum Laufzeitende entweder den Nominalbetrag zurückzuzahlen oder eine in den Emissionsbedingungen festgelegte Anzahl von Aktien eines bestimmtes Unternehmens zurückzuzahlen.
Originally posted 2014-12-23 12:16:54.