Wein als Geldanlage: Was Investoren beachten sollten
Nach starken Preisanstiegen an den Aktien- und Immobilienmärkten und angesichts geringer Verzinsung festverzinslicher Wertpapiere steigt die Nachfrage nach alternativen Anlageformen mit attraktiver Rendite. Zu den immer beliebter werdenden alternativen Kapitalanlagen gehören hochwertige Qualitätsweine, in die jährlich Anlagekapital in Milliardenhöhe investiert wird. Was gibt es zum Thema Wein als Geldanlage zu beachten?
Die Aufwärtsentwicklung des Preises einer hochwertigen Flasche Qualitätswein beruht maßgeblich auf einem Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage: Während Wein als Geldanlage verstärkt nachgefragt wird, ist den renommierten Weingütern eine Produktionsausweitung kaum möglich. So erzielten hochwertige Weine aus der ganzen Welt zwischen September 2006 und September 2013 jährliche Durchschnittsrenditen zwischen 12 und 16 Prozent, die deutlich oberhalb der Wertentwicklungen anderer Assetklassen wie Aktien, Renten oder Rohstoffen lagen. Nachdem sich Goldkurse und Weinpreise in vielen Jahren nahezu parallel entwickelten, überflügelten die edlen Tropfen zuletzt sogar das als Sachwert geschätzte Edelmetall. Zudem erwies sich Wein als Geldanlage als resistent gegen externe Schocks: „Fine wine“ wird als Luxusgut auch in wirtschaftlich angespannten Zeiten unverändert nachgefragt. Wein als Geldanlage gilt daher als „sicherer Hafen“ in Finanz- und Wirtschaftskrisen. Zudem weist Wein keine Korrelationen mit anderen Assetklassen auf. Daher eignet er sich als Geldanlage vorzüglich zur Vermögensdiversifizierung. Nicht zuletzt fördern stabile Preise bei vergleichsweise geringer Volatilität die Beliebtheit dieser Investitionsmöglichkeit.
Welche Faktoren beeinflussen den Preis von Wein als Geldanlage?
Die Preise hochwertiger Weine folgen den Grundsätzen von Angebot und Nachfrage, unterliegen jedoch auch speziellen Einflussfaktoren. Der Weinmarkt orientiert sich stark an den Bewertungen internationaler Weinexperten, unter denen der US-Amerikaner Robert Parker eine Sonderstellung einnimmt. Parker, der insbesondere bei den für eine Kapitalanlage bevorzugten französischen Rebensäften über eine anerkannte Expertise verfügt, bewertet Weine auf einer Skala zwischen 50 und 100 Punkten. Eine Untersuchung der Wertentwicklung von Weinen ergab, dass die zu einer zehnprozentigen Spitzengruppe gehörenden Top-Performer zuvor von Parker mit durchschnittlich 97 Punkten bewertet worden waren. Die weltweit führende Londoner Internet-Weinbörse Liv-ex, zu der Weinhandelshäuser und institutionelle Investoren zugelassen sind, nimmt in ihren vielbeachteten Index „Live-ex Fine Wine 100“ nur Weine auf, die von Parker zumindest 95 Punkte erhielten. Der Live-ex-100-Index enthält zu 90 Prozent Bordeaux-Weine sowie zusätzlich Produkte aus den Anbaugebieten Burgund, Rhône, Champagne und Italien. Die Schwerpunktsetzung auf Bordeaux- und Burgunderweine hängt mit ihrer konstanten Qualität und ihrer außerordentlich langen Haltbarkeit zusammen: Noch nach einhundert Jahren können diese Weine getrunken werden. Die Top-Performer stammen überwiegend von fünf Châteaus, deren Produkte bereits in der 1855 erstellten (und noch heute gültigen) Klassifizierung für Bordeaux-Weine die höchsten Bewertungen erhielten und als „Grand Crus“ bezeichnet werden. Wer hingegen deutschen Wein als Geldanlage bevorzugt, der orientiert sich an der Qualitätsbezeichnung „Große Gewächse“ des „Verbandes Deutscher Prädikats- und Qualitätsweingüter e. V.“ (VDP) und an den Einschätzungen des Restaurantführers Gault-Millau.
Wein als Geldanlage ist nicht nur in der direkten Form einer Investition in Flaschen möglich. Auch indirekte Anlagen in offene Investmentsfonds (allerdings nicht in Deutschland), Zertifikate und geschlossene Weinfonds eröffnen den Zugang zu dieser Art der Geldanlage. Die Weinfonds unterscheiden sich in der Art der Ausschüttungen (Kapitalzahlungen oder ausschließlich Auslieferung von Wein an die Anleger zum Laufzeitende) und dadurch, ob sie aktiven Weinhandel während der Fondslaufzeit betreiben oder nicht. Von Weingütern ausgegebene Genussscheine versprechen überdurchschnittliche, feste Zinsen. In Franken besteht sogar die Möglichkeit eines „Weinleasings“ von Rebstöcken. Welche Anlageformen für den einzelnen Investor in Betracht kommen, hängt vom Gesamtvermögen des Anlegers, von seinem Anlagehorizont, seiner Risikobereitschaft und seinem Wein-Fachwissen ab. Kurzfristige Wertzuwächse sind zuweilen bei zu Subskriptionspreisen erworbenen Weinen möglich, während der Erwerb von einem älteren Jahrgang einen längeren Anlagehorizont voraussetzt. Wer sein Geld direkt in Wein Flaschen oder Fässer investieren möchte, der muss sich mit der Lagerung (einschließlich Temperaturregulierung und Klimatisierung) auskennen. Wein-Direktinvestitionen sollten zudem versichert werden. Portfolioverwaltungsdienste (Asset Manager) übernehmen auf Wunsch diese Aufgaben und sorgen für einen bestmöglichen Ankauf und Verkauf von Weinen.
Zusammenfassung: Folgende Punkte sollten bei einer Investition in Wein unbedingt beachtet werden:
- Wein als Geldanlage erfordert Fachwissen, Zeit und Affinität zu Weinprodukten.
- Ein Investor sollte nur solche Wein-Geldanlagen tätigen, die er uneingeschränkt versteht. Möglichst einfache Wein-Anlageformen sind schwer durchschaubaren Produktkonstruktionen vorzuziehen.
- Höchstens zehn Prozent eines Vermögens sollten in Wein als Geldanlage investiert werden.
- Ein direktes Investment in Wein als Geldanlage erfordert einen Mindestanlagebetrag zwischen 15.000 und 20.000 Euro, um eine Risikostreuung auf verschiedene Weine sicherzustellen.
- Insbesondere für kleinere Anlagebeträge kommen Investmentfonds, Zertifikate und geschlossene Weinfonds in Betracht.
- Zu beachten ist die mit dem wachsenden Wein-Anlagemarkt steigende Gefahr des Kaufs einer gefälschten Flasche.
Originally posted 2014-12-04 14:50:54.