Standard & Poors – die wichtigste Ratingagentur der Welt
Was Schufa und Bonitätsprüfung für Privatleute sind, sind die Bewertungen der großen Ratingagenturen für Unternehmen, Banken und Staaten. Zu den wichtigsten und mächtigsten dieser Agenturen gehört Standard & Poors. Sie hat auf internationaler Ebene eine große Bedeutung, weil ihre Entscheidungen von den Finanzmärkten als Wegweiser für die Ausfallrisiken bestimmter Kreditnehmer gesehen werden. Die Agentur Standard & Poors entstand im Jahre 1941 aus der Fusion der US Firmen H.V. & H.W. Poor Co. und dem Standard Statistics Bureau. Später wurde die Agentur vom Finanzdienstleister McGraw-Hill Financial übernommen.
Welche Bedeutung hat ein S&P Rating?
Ähnlich wie im Privatkundenmarkt ist eine Bonitätsanalyse entscheidend für die Vergabe von Krediten. Je größer das Ausfallrisiko, desto höher werden die Zinsen für einen Kredit sein. Auch die Höhe der Kreditsumme oder die Entscheidung, überhaupt keinen Kredit zu gewähren, hängt maßgeblich von einem S&P Rating ab. Gerade bei großen Unternehmen und Banken können schlechte Ratings schnell zu Einbußen an den Aktienmärkten führen. Aber auch Staaten geraten in schwieriges Fahrwasser, wenn die Ratingagenturen ihre Bewertung abstufen. Neben Standard & Poors gibt es mit den kleineren Agenturen Moody’s und Fitch zwei weitere wichtige Bewertungsfirmen, die Einfluss auf die Kreditwürdigkeit haben können. Zusammen werden die drei Ratingagenturen als „The Big Three“ bezeichnet. Für die Finanzmärkte ist das Urteil der „Großen Drei“ oft einer der wichtigsten Anhaltspunkte für die Wertentwicklung. Alleine Standard & Poors hat einen Marktanteil von 40 % und beschäftigt ein Heer von Analysten, die Hunderttausende von Krediten auf ihre Ausfallrisiken hin überprüfen.
Wie bewertet Standard & Poors die Ausfallrisiken von Krediten?
Alle Ratingagenturen arbeiten nach ähnlichen Konzepten, wenngleich sie sich im Detail unterscheiden können. Um einen nachvollziehbaren Überblick über die Bewertungen zu geben, wird ein S&P Rating nach den folgenden Kriterien erstellt:
Investment Grade (geeignet für Investitionen)
- AAA: höchste Qualität, stabiler Schuldner mit niedrigem Ausfallrisiko
- AA: gute Qualität, stabiler Schuldner mit etwas höherem Ausfallrisiko
- A: Kreditvergabe abhängig von der wirtschaftlichen Gesamtlage
- BBB: mittlere Qualität, Schuldner verhalten sich zufriedenstellend
Non-Investment Grade (nicht geeignet für Investitionen)
- BB: Extrem abhängig von der wirtschaftlichen Gesamtsituation
- B: kein stabiler Schuldner, finanzielle Verhältnisse wechseln häufig
- CCC: niedrige Einnahmen beim Schuldner, spekulative Anlagen
- CC: entspricht CCC mit höherem Risiko
- C: entspricht CC mit höherem Risiko
- CI: Probleme bei der Zahlung von Zinsen
- SD: Manche Zahlungen fallen aus
- R: steht unter Aufsicht von Regulierungsbehörden; Zahlungsverzug oder -ausfall möglich
- D: bereits in Verzug
- NR: keine Bewertung
Um eine weitere Abstufung zu ermöglichen, kann ein S&P Rating der Stufen AA bis CCC zusätzlich mit einem + oder – versehen sein, das eine gewisse Tendenz anzeigt. Wichtig ist, dass Standard & Poors keine Kaufempfehlungen ausspricht, sondern lediglich Wahrscheinlichkeiten berechnet, mit denen ein Schuldner seinen Verpflichtungen nachkommen wird. Dennoch verstehen viele Anleger und die Märkte insgesamt ein S&P Rating häufig als indirekte Empfehlung.
Standard & Poors in der Kritik
Standard & Poors erstellt nicht nur die Bewertungen der Kreditwürdigkeit, sondern veröffentlicht zahlreiche Aktien- und Rohstoffindizes an den Wertpapierbörsen. Sehr bekannt ist etwa der S&P 100. Dadurch erhalten die Rating-Einstufungen zusätzlich eine besondere Bedeutung für viele Anleger, die ihre Kaufentscheidung von den Zahlen von Standard & Poors abhängig machen. Dass diese aber längst nicht immer aussagekräftig sind, hat sich im Rahmen der Finanzkrise gezeigt. Dort lag Standard & Poors beispielsweise bei der Bewertung der Risiken für US-Hypothekenwerte oder Banken wie Lehman Brothers daneben und hat nach Ansicht der Kritiker der Ratingagentur mit dazu beigetragen, dass die Finanzkrise ein so großes Ausmaß angenommen hat. Außerdem wird die Bewertung der Kreditwürdigkeit von Staaten durch Agenturen wie Standard & Poors bei vielen Fachleuten kritisch gesehen, da auch sie zur Instabilität in bestimmten Situationen beitragen können. So kann eine Herabstufung der Kreditwürdigkeit bei einem gebeutelten Staat dazu führen, dass überhaupt keine Kredite mehr vergeben werden und das Finanzsystem innerhalb des Landes in den Grundfesten gefährdet ist. Häufig werfen die Betroffenen Institutionen Standard & Poors vor, dass bestimmte Faktoren oder Finanzmittel bei der Bewertung nicht oder nicht hinreichend berücksichtigt werden, wenn eine Herabstufung erfolgt. Die Methodik der Prognosen ist nicht frei von Fehlern, wie immer wieder nachgewiesen wird. Freilich bleiben Vorhersagen auch deswegen relativ unpräzise, weil sie sich nur auf die Erfahrungen der Vergangenheit stützen können. Umso größer ist die Kritik bei betroffenen Staaten, dass die Herabstufung ihrer Kreditwürdigkeit anhand der Ratings oft nicht nachvollziehbar sei.
Originally posted 2016-05-18 09:46:03.