Was Sie über Derivate unbedingt wissen sollten
Als Derivate bezeichnet man (in der Regel börsennotierte) Finanzprodukte, die ähnlich wie Anleihen oder Aktien im Rahmen der Börsentätigkeit gehandelt werden. Allein in Deutschland beläuft sich die Zahl der angebotenen Derivate auf mehr als 150.000 Wertpapiere – Grund genug, dieses Thema etwas genauer zu beleuchten. Denn so vielfältig dieses Finanzprodukt auch ist, birgt es auch gewisse Risiken und Besonderheiten, die nicht unterschätzt werden sollten.
Was unterscheidet Derivate von anderen Wertpapieren?
Beim Kauf einer Aktie oder einer Anleihe sind die Verhältnisse relativ klar. Der Anleger erwirbt im Falle der Aktie einen Anteil am Unternehmen und wird stimmberechtigt, während die Anleihe den Käufer zu einem direkten Gläubiger des Unternehmens macht. Gleiches gilt natürlich für Staatsanleihen. Derivate hingegen werden in der Regel von Drittanbietern ausgegeben, beziehen sich aber in ihrer Wertentwicklung auf den Aktienkurs eines bestimmten Unternehmens, eine Anleihe oder sonstige relevante Basiswerte. Somit nimmt man mit einem Derivat zwar an der Wertentwicklung eines Unternehmens teil, kann aber keine Stimmrechte ausüben. Besonders wichtig: Wer ein Derivat erwirbt, sollte wissen, dass es keine direkte Verbindung zum Unternehmen gibt, das als rechnerische Bezugsgröße dient. Sie erwerben also weder direkte Anteile noch werden sie zum Gläubiger der betreffenden Firma. Vielmehr ist der Anleger lediglich Gläubiger des Emittenten des jeweiligen Derivats, was aber im Zweifel ein bedeutender Unterschied sein kann.
Eine interessante Anlagemöglichkeit – mit Risiken
Juristisch gesehen ähneln Derivate durchaus einer Anleihe, da sie eine Form der Inhaberschuldverschreibung darstellen. In der Regel werden sie von Banken oder anderen Finanzinstituten auf nationaler oder internationaler Ebene ausgegeben. Wichtig dabei ist zu verstehen, dass der Wert nicht mit der Reputation oder der Wertentwicklung des Emittenten verbunden ist, sondern nur von der jeweils zugeordneten Basisgröße abhängt. Ein einfaches Beispiel: Eine große Bank gibt Derivate auf die Aktien eines der großen DAX-Unternehmen aus. Der Wert von Derivaten koppelt sich in dem Fall also an die Kursentwicklung des DAX-Unternehmens und nicht etwa an die Entwicklung der ausgebenden Bank. Als Käufer eines solchen Finanzprodukts werden Sie jedoch Gläubiger der Bank und nicht des Unternehmens. Und genau hier liegen auch eventuelle zusätzliche Risiken, die zu den üblichen Spekulationsrisiken hinzukommen. Denn selbst wenn sich das DAX-Unternehmen während der Laufzeit der Derivate bestens entwickelt, könnte es im Falle einer Insolvenz der ausgebenden Bank zu Problemen mit der Rückzahlung kommen.
Worauf beim Derivatenkauf zu achten ist
Bei Emission der Derivate werden die genauen Modalitäten für die Rückzahlung bereits festgelegt. Die meisten solcher Papiere besitzen begrenzte Laufzeiten von maximal vier Jahren. Derivate können aber auch ohne jede Begrenzung der Laufzeit ausgegeben werden. Die Vielfalt der angebotenen Produkte ergibt sich aus der großen Zahl der möglichen Bezugsgrößen, die nicht nur auf den einfachen Basiswert einer Aktie begrenzt bleiben müssen. Spekulationen auf Rohstoffe sind beispielsweise ebenso beliebt wie die Anlage in Devisenkurse. Zum großen Kreis der Derivate gehören unter anderem:
- Optionsscheine
- Zertifikate
- Futures
- Optionen
Wer sich mit diesen Produkten im Einzelnen beschäftigt, merkt schnell, dass Derivate im Zweifel oft nicht mehr und nicht weniger sind, als Wettscheine auf die Entwicklung bestimmter Bezugsgrößen. Die Einfachheit dieser „Wetten“ macht sie sehr beliebt, so dass manche Anleger inzwischen sogar ausschließlich auf diese Variante setzen. Auch große Fonds bieten mittlerweile entsprechende Papiere an. Für den Privatanleger ist das reine Spekulieren mit Derivaten aber nicht ungefährlich, besonders bei einer geringen Streuung des Risikos. Als Basis für eine Anlagestrategie sind Derivate also nur für erfahrene Kursbeobachter geeignet. Für eine Nebenverteilung kann es aber durchaus auch für Privatanleger interessante Angebote geben. Eine einfache Antwort auf die Frage, ob Derivate nun sicher oder hochspekulativ sind, lässt sich kaum geben. Das liegt an der großen Vielfalt der angebotenen Varianten, die sich unmöglich pauschalisieren lassen. Daher sollte der Anleger sich immer über das jeweilige Produkt genau informieren und sich nicht von einer augenscheinlich guten Bezugsgröße blenden lassen. Laufzeiten und andere Konditionen müssen stets im Auge behalten werden und sollten Teil einer umfassenden Anlagestrategie sein. Auch die Steuerpflicht spielt natürlich eine große Rolle. Hier gibt es zum Teil erhebliche Unterschiede zwischen den Finanzprodukten. Im Zweifel sollten Sie Ihren Steuerberater hinzuziehen, um keine Fehler zu machen.
Originally posted 2014-11-18 15:01:35.