Niedriger Baumwollpreis – interessante Anlagealternative?
Wenn am Kapitalmarkt nur geringe Zinsen zu erzielen sind, sich die Aktien des DAX auf Rekordhöhen bewegen und Immobilien nicht mehr zu angemessenen Preisen erhältlich sind, dann suchen Kapitalanleger vermehrt nach alternativen Investitionsmöglichkeiten. Lohnt sich bei einem niedrigen Baumwollpreis die Investition in einen der wichtigsten Agrarrohstoffe? Dazu sollte man zunächst einmal einige grundlegende Dinge über Baumwolle wissen. Die Naturfaser ist der bedeutendste Textilrohstoff weltweit. Die Einsatzgebiete des Baumwollgarns reichen von Stoffen bis zu medizinisch genutzten Materialien. Zwei Drittel der weltweiten Produktion stammen aus China, Indien, den USA und Pakistan. Zu den wichtigsten Verbraucherländern zählen mit einem Anteil von etwa 65 Prozent wiederum China, Indien und Pakistan. Es wird geschätzt, dass sich die Baumwollproduktion zwischen 2000 und 2050 verdreifachen oder vervierfachen wird. Die Weltnachfrage soll in diesem Zeitraum nach einer Prognose des US-amerikanischen Baumwollverbandes aus dem Jahr 2011 um jährlich drei bis vier Prozent wachsen. Mittlerweile gehen Experten allerdings nur noch von einer Jahresverbrauchssteigerung von zwei Prozent aus.
Was beeinflusst den Baumwollpreis kurz- und langfristig?
Zu den langfristigen Einflussfaktoren auf die Baumwollpreise gehören:
- das Wachstum der Weltbevölkerung
- der zunehmende Wohlstand in den Schwellenländern
- die Entwicklung der globalen Konjunktur, insbesondere aber auch die Wirtschaftsentwicklung der Hauptabnehmerländer in Ost- und Südasien
- der Anteil des Rohstoffs Baumwolle am gesamten Textilmarkt
Per Saldo hat sich der Baumwollpreis (zum Beispiel zwischen 2002 und 2014) jedoch kaum verändert. Kurzfristig allerdings weisen Baumwollpreise teilweise erratische Schwankungen auf. Die Ursachen für die auch von Experten als überraschend angesehenen Veränderungen beim Baumwollpreis sind etwa:
- ein vergleichsweise enger Markt für Baumwoll-Anlageprodukte, der auf Fakten und Gerüchte jeder Art schnell und stark reagiert
- ein erheblicher Einfluss spekulativen Anlagekapitals
- staatliche Interventionen
- eine unvollständige Markttransparenz
- sich rasch ändernde Prognosen sowohl von Behörden als auch von freien Experten
- begünstigende oder belastende klimatische Sonderfaktoren
Schwer vorhersehbar: der Baumwollpreis
Der Baumwollpreis lässt sich generell schwer vorhersehen. Während beispielsweise im Jahr 2011 große Befürchtungen vorherrschten, dass das zukünftige globale Baumwollangebot womöglich nicht ausreichen werde, entwickelte sich in den drei Folgejahren ein erdrückendes weltweites Überangebot. So ging das US-Landwirtschaftsministerium etwa für 2014 von einer Weltproduktion von 117,8 Millionen Ballen aus – nach 123,1 Millionen Ballen im Jahr zuvor. Zugleich stiegen die Lagervorräte für 2013/2014 auf geschätzte 92,7 Millionen Ballen und erreichten damit nach vierjährigem Anstieg einen Rekordwert. Eine solche Lagermenge wird beispielsweise für die Anfertigung von 112 Milliarden T-Shirts benötigt. Wie rasch sich die weltweite Produktionsmenge von Baumwolle verändern kann, zeigte auch die Prognose des chinesischen Anbauverbandes für das von August 2014 bis Juli 2015 reichende Erntejahr: China, der weltweit größte Baumwollproduzent, rechnete mit einem Rückgang der Baumwollproduktion um 45 Prozent auf nur noch 6 Millionen Ballen. Außerdem ging der Anbauverband im Reich der Mitte davon aus, dass sich die chinesischen Baumwollflächen allein im Jahr 2014 um 8,9 Prozent auf nur noch 10,5 Millionen Morgen reduzieren würden – nachdem die Anbauflächen bereits in den beiden vorangegangenen Jahren abgenommen hatten.
Staatliche Interventionen als wesentlicher Faktor für den Baumwollpreis
China bildete in den vergangenen Jahren gewaltige Baumwolle-Lager: Um ausreichende Einkommen für seine Baumwollbauern sicherzustellen, kauften die staatlichen chinesischen Lagerhalter den Agrarrohstoff zu einem Preis auf, der dem doppelten Preis für Baumwolle-Futures entsprach, der an der Börse New York Board of Trade (NYBOT) notiert wurde. Mittlerweile hat China das Aufkaufprogramm allerdings beendet und mit der Reduktion der Lagervorräte begonnen. Aus den chinesischen Lagern stammende Baumwollbestände sorgten für einen kontinuierlichen Druck auf den globalen Baumwollpreis.
Fazit: Eine Baumwolle-Investition ist nur für spekulative Anleger geeignet
Beim Rohstoff Baumwolle hat sich in der Rückschau häufig eine antizyklische Anlagepolitik bewährt. Wer nicht einen Fonds erwerben möchte, der auf verschiedenste Rohstoffe setzt, sondern bei einem niedrig erscheinenden Baumwollpreis in einen einzelnen Agrarrohstoff investieren will, dem stehen etliche Baumwoll-Zertifikate sowie Optionsscheine zur Verfügung. Anleger sollten sich allerdings der besonders hohen Risiken und der vielfältigen, häufig kaum einschätzbaren Faktoren bewusst sein, die auf eine Baumwoll-Kapitalanlage einwirken können. Staatliche Interventionen und ein erheblicher Einfluss spekulativer Investoren auf einen relativ engen Markt erschweren eine Kapitalanlage in Baumwolle. Wie die von Fachleuten stammenden, sehr häufigen Fehlprognosen in Sachen Baumwollpreise in der Vergangenheit gezeigt haben, ist das Risiko, auf einen falschen Trend zu setzen, enorm hoch.
Originally posted 2015-01-20 11:00:03.